Kyra Condie zu Besuch bei Ocún

Welche Anforderungen stellt Kyra Condie an ihre olympischen Kletterschuhe? Als sie uns im Februar in der Tschechischen Republik besuchte, führten wir sie in die Geheimnisse des Designs und der Herstellung von Performance-Kletterschuhen ein und halfen ihr, die richtigen für jede der olympischen Disziplinen zu finden.

Wenn Kyra Condie irgendwo bouldern geht, wo niemand sie kennt, lassen sich die Einheimischen leicht von ihrem Äußeren täuschen. Das schlanke kleine Mädchen, eingepackt in eine Daunenjacke, um sich warm zu halten, weckt keine außergewöhnlichen Erwartungen. Die einheimischen Jungs diskutieren in Ruhe weiter eine v10-Route, an der bisher alle gescheitert sind. Sie haben nicht einmal bemerkt, dass jemand hinzugekommen ist.

Dies ändert sich, sobald Kyra ihre Jacke abwirft, ihre Kletterschuhe anzieht und den ersten Griff berührt. Es ist fast wie die Verwandlung einer Comic-Heldin – plötzlich zeichnen sich ihre Muskeln ab und die Dynamik ihrer Bewegung zeigt ihre Überlegenheit. Einer der hiesigen Kletterer fragt sie schon bald, ob sie nicht sein Projekt ausprobieren möchte. In der Hitze des Gefechts wird sie im Nu zum Teil der hiesigen Klettergemeinde. Kurz gesagt, Bouldern bringt Menschen zusammen – sie teilen dieselben Probleme und verstehen die Meinungen der anderen zu ihrer Lösung, die vor allem mit Kraft, manchmal durch Springen oder mit den Füßen auf Reibung erfolgt.

Kletterschuhe für Tokio

Kyra Condie ist eine amerikanische Profi-Kletterin und Olympiarepräsentantin der USA. Seit Anfang des Jahres ist sie auch die neue Botschafterin von Ocún. Da die Marke Ocún auf dem amerikanischen Kontinent neu ist, schien eine Einladung zu einem Besuch in Tschechien der beste Weg zu sein, Kyra kennenzulernen.

Während einer Woche im Februar hatte Kyra also Gelegenheit sich anzuschauen, wie wir bei Ocún Kletterschuhe entwerfen. Sie sah sich auch eine der Produktionsstätten an, um zu sehen, wie sie genäht werden und welche Details der Schuhe welchem Zweck dienen. Dies half ihr, ihre eigenen Anforderungen an Wettkampfschuhe besser zu definieren und für jede der drei olympischen Disziplinen ein konkretes Modell auszuwählen.

Für Bouldern und Seil wählte Kyra den neuesten Performance-Kletterschuh Nitro. Für das Speed-Klettern hat sie zwei vorgewählte Kandidaten, und zwar den Junior-Kletterschuh Rival und den jahrelang bewährten Klassiker Pearl – sie hat nämlich einen schmalen Fuß, so dass ihr diese beiden Modelle gut passen. Außerdem braucht man beim Speed-Klettern bequeme Kletterschuhe, die jedoch nicht allzu weich sind. Der explosive Stil beim Speed-Klettern verlangt nämlich, viel Druck auf die Füße auszuüben. Und das könnte in weichen Schuhen weh tun.

Weil wenige Monate vor den Olympischen Spielen jeder Tag ohne Training verlorene Zeit ist, hat sie während ihres Besuchs auch Bekanntschaft mit der tschechischen Kletterszene gemacht. Sie probierte mehrere Kletterwände in Prag und die Mandala Boulderhalle Dresden aus. Einen halben Tag boulderte sie draußen am Děčínský Sněžník (Hoher Schneeberg). Am Ende ihres Besuchs fragten wir sie nach ihren Eindrücken.

Hast du früher schon mal eine Werkstatt besucht, in der Kletterschuhe hergestellt werden?

Nein, bisher nicht. Ich hätte sicher nicht gedacht, dass in Kletterschuhen so viel Handarbeit steckt. Ich war erstaunt über das zur Herstellung jedes einzelnen Schuhs erforderliche Handwerksgeschick. Von nun an schätze ich die in der Herstellung hochwertiger Kletterschuhe steckende Arbeit viel mehr!

Was hat Dich am gesamten Design- und Produktionsprozesses noch fasziniert?

Ich glaube, ich war am meisten fasziniert von der Fähigkeit der Arbeiter, genau die zum Aufziehen des Gummis auf jeden Kletterschuh richtige Spannung auszuüben. Der Schuhmacher zieht das Gummi manuell auf jeden Kletterschuh auf und arbeitet dabei sehr präzise. Das hat mich wirklich beeindruckt. Jetzt, nachdem ich mir die Produktion angeschaut habe, verstehe ich auch die Funktion verschiedener kleiner Details, in denen sich verschiedene Arten von Kletterschuhen unterscheiden, viel besser.

Auf welche Kletterschuh-Parameter legst Du den größten Wert?

Für Wettkämpfe brauche ich einen Kletterschuh, der sehr vielseitig ist. Während eines Wettkampfes passiert es häufig, dass man in einem Moment auf Reibung auf einer Struktur stehen, und im nächsten auf einem winzigen Tritt Halt finden muss. Daher ist es entscheidend, einen Schuh zu haben, bei dem sich Weichheit und Steifheit optimal die Waage halten. Ich mag den Nitro-Kletterschuh, weil er in der Mitte weich ist und zudem über eine Zwischensohle verfügt, die ihn in der Spitze etwas steifer macht. Zusätzliche Unterstützung bietet auch die Spannung im Bereich des Fußgewölbes.

Wie fandest du während Deines Aufenthalts in Tschechien das Klettern an unseren Bouldern?

Ich habe das Klettern an den hiesigen Bouldern genossen! Ich habe ein paar gute Trainings gemacht. Die Boulder hier erinnern mich an die zu Hause in Minnesota, so dass ich mich, glaube ich, ziemlich schnell in die hiesige Klettergemeinde eingepasst habe. Es hat Spaß gemacht, mit ihnen zu klettern.

Und wie fandest Du das Klettern auf dem Sněžník (Schneeberg) – ähnelt es einem Gebiet, das Du kennst?

Es ist ein einzigartiges Gebiet, schon allein wegen des Aussichtsturms auf dem Gipfel und der Aussicht auf die Landschaft, die sich vor einem ausbreitet. Es war kalt während unseres Besuchs, also habe ich nichts Schwieriges versucht. Aber ich würde gerne mal wiederkommen! Das Material ist stabil und bietet gute Haftung. Das Gebiet ist großartig und mir gefällt, dass es nicht weit von der Stadt entfernt ist.

Welchen Teil Deines Trainings würdest Du angesichts der bevorstehenden Olympiade nicht weglassen, obgleich Du hier zu Besuch bist?

Ich habe es so arrangiert, dass ich auch während meines Besuchs bei Euch mehrmals an die Wand komme. Ich mag es, fremde Städte über ihre Kletterwände kennenzulernen und ich genieße es, einheimische Kletterer zu treffen und mir so ein Bild vom Klettern an einem neuen Ort zu machen. Wenn ich das Gefühl haben möchte, dass ein Training effektiv war, arbeite ich auch immer an Campusboard und Hangboard. Zum Glück gibt es die ja an praktisch jeder Kletterwand der Welt.

Wie ist es mit dem Essen, wenn Du unterwegs bist – wie kriegst Du das hin?

Ich bin Vegetarierin. Also ich hatte schon einige Bedenken, was ich essen werde. Aber wie sich herausstellte, gibt es in Prag jede Menge toller vegetarischer und veganer Restaurants. Ich habe auch einige traditionelle tschechische Gerichte probiert. Ich denke, hausgemachte Blaubeerknödel sind eine meiner neuen Lieblingsspeisen.